Goldsuche in Finnland
Goldsuche in Finnland
Drei Jahrzehnte vor dem großen Goldrausch am Klondike erlebte Lappland im Hohen Norden Finnlands sein eigenes Goldfieber. Es hat sich bis in die Gegenwart fortgesetzt. Der rasche Anstieg des Goldpreises und die Publizität, die das Goldwaschen in Lappland erfahren hat, haben zu einem Ansturm auf die Fjällbäche geführt. Und dies nicht zum ersten Mal: In regelmäßigen Abständen von 20 Jahren seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert sind Manner mit Hacken, Schaufeln und Goldwaschpfannen zu den Goldbächen im Land der tausend Seen unterwegs. Obwohl der Goldrausch immer wieder abgeflaut ist, blieben einige trotzige Einsiedler zurück. Ihre Lebensweise hat sich den strengen Bedingungen der arktischen Einde angepasst.
Zurück zur Seite Fundorte |
Weitere Themen: Goldsuche in Deutschland | Schweiz | Balkan | Belgien | Bulgarien | Finnland | Frankreich | Griechenland | Großbritannien | Italien | Österreich | Polen und Tschechien | Rumänien | Schweden | Spanien und Portugal | Ungarn |
In den besten Zeiten – das war in den 1870-er Jahren – arbeiteten in den Goldseifen am Ivalojoki rund 600 Männer. Vom Gold am Lemmenjoki träumten zu Beginn der 1950-er Jahren bestenfalls 200 Digger. So viele (Nebenberufs-)Prospektoren sind es noch heute. Professionelle Goldgräber gibt es hier allerdings nur noch wenige. Das Goldgebiet am Lemmenjoki wird das ganze Jahr hindurch von zwei Männern bewohnt; am Ivalojoki lebt nur noch einer.
Hier oben im hohen Norden Europas ist die Goldwäscherei mit viel Schweiß verbunden: Als Hilfsmittel dienen lediglich Schaufel, eine Schleuse und Waschpfannen. Sämtliche Versuche, das Schürfen zu mechanisieren, sind fehlgeschlagen.
Wieviel Gold in Lappland jemals geschürft wurde, ist schwer zu schätzen. Nach offiziellen Angaben dürften es aber rund 2000 Kilogramm gewesen sein. Heikki Kokko, der die gesamte Goldgräberzeit am Lemmenjoki miterlebt hat, veranschlagt die Goldausbeute seit den 1850er Jahren bis 1980 auf ungefähr 250 Kilogramm. Doch nur selten ist ein Goldsucher von seiner Arbeit auch wirklich reich geworden. Aber nicht wenige konnten von den Einkünften in den Sommermonaten zumindest einen sorgenfreien Winter verbringen.
Das finnische Lappland war noch im vorigen Jahrhundert eine unwegsame Einöde, in die sich kein vernünftiger Mensch traute. Einige wagemutige Männer waren über die Flüsse nach Norden vorgedrungen und ließen sich dort in dem von Fisch und Wild gesegneten Land nieder. Die Landstraße endete in Rovaniemi am Polarkreis; von dort bis in die Goldwaschgründe waren es noch einige hundert Kilometer. Während in den Sommermonaten Boote als Beförderungsmittel dienten oder man zu Fuß die Wildnis durchquerte, hielten während der langen Wintermonate Rentiere und Skier her.
Schließlich fanden im Sommer 1867 Norweger an den Ufern des Grenzflusses Tenox Gold. Sie teilten ihre Entdeckung den Behörden mit, die prompt ein Jahr darauf eine Forschungsexpedition entsandten. Die Überraschung muß riesig gewesen sein: Gleich an mehreren Stellen wusch man pures Gold aus dem Sand. Mitte September 1868 erscholl im felsigen Flußtal des Ivalojoki ein Ruf, der die “Adler und Raben aufscheuchte”: Gold! Viel Gold! Das war der Anfang des finnischen Goldfiebers.
Schon ein Jahr darauf lockte die Kunde zahlreiche wagemutige Mnner herbei. Die finnischen Behörden errichteten 1870 in der unwegsamen Wildnis am Ufer des Ivalojoki einen Stützpunkt, der mit Gendarmen, Richtern, Steuerbeamten und anderen Vertretern der Amtsgewalt besetzt wurde. Mit Beginn der Schneeschmelze brachen dann die Goldgräber auf ihren beschwerlichen Weg zu den fernen Claims auf. Von Rovaniemi ruderten sie 250 Kilometer den reißenden Ouanasjoki flußaufwärts. ber die Wasserscheide mußten sie die Boote über eine Strecke von sechs Kilometern ziehen, um die Reise 60 Kilometer ber den mit gefährlichen Stromschnellen ausgestatteten Ivalojoki fortzusetzen. Und dennoch: Überall wurden Claims abgesteckt. Jeder wollte das beste Goldfeld bearbeiten. In den Spitzenjahren von 1871 bis 1872 wurden nach amtlichen Quellen in jedem Jahr rund 50 Kilogramm Gold aus dem Sand der Flüsse gewaschen. Wahrscheinlich war der Ertrag jedoch viel höher, denn immer wieder wurden Schmuggler an der norwegischen Grenze aufgespürt.
Die widrigen Temperaturen schienen den Glücksrittern nichts anzuhaben. Überall schossen eilig zusammengezimmerte Blockhäuser und primitive Torfhütten aus dem Boden, oder man grub sich Löcher in die Erde. Kneipen, Gemischtwarenläden und Bäckereien machten die Geschäfte ihres Lebens.
Mit dem Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren nur noch wenige Claims brig geblieben. Aber schon das folgende Jahrzehnt brachte eine neue Goldsucherwelle ins Land; sie verebbte jedoch bald. Erst um die Jahrhundertwende wurde der Glaube an das lappländische Gold von neuem wachgerufen. Das war, als Geologen auch im Grundgestein Gold feststellten. Plötzlich entstanden Goldbergwerke. Heute zeugen in Laanila noch 40 bis 50 Meter tiefe Schächte von der wechselvollen Geschichte dieser Tage.
Jahrzehnte verstrichen. Die 20er Jahre brachten schließlich große Goldbergwerks-Gesellschaften, maschinelle Schürfunternehmen und mächtige Schotterberge. Zugleich wurden Lapplands erste Straßen gebaut. Aber auch spitzfindige Gauner verstanden ihr Handwerk. Sie gründeten Goldschürfunternehmen und ließen sie schon nach kurzer Dauer in den Konkurs schlittern, um danach die Goldsuche auf eigene Rechnung am gleichen Ort fortzusetzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging in Finnland das Gercht um, da man am Lemmenjoki ein neues Goldfeld entdeckt htte. Schon bald wurden neue Claims abgesteckt. Noch im Sommer 1952, als in Helsinki die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, lebten am Lemmenjoki mehr als 100 berufsmäßige Goldwäscher. Und dies, obwohl der Goldpreis zu jener Zeit immer tiefer fiel.
Gegen Ende der 60er Jahre feierte das lappländische Gold sein 100. Jubiläum. Zu dieser Zeit waren unzählige Goldgräberhütten heruntergekommen. Es sah ganz so aus, als ob die goldene Vergangenheit in Vergessenheit geriet. Es ist einigen wenigen beherzten Männern zu verdanken, da eine Stiftung zur Restaurierung der alten Hütten gegründet wurde, um so das kulturgeschichtliche Gut in die Zukunft zu retten.
Zur selben Zeit zogen Yrj Korhonen und Nipa Raumala, die zwei Jahrzehnte am Lemmenjoki nach Gold gegraben hatten, an die Hauptstraße und gründeten dort in Tankavaara bei Vuoto die erste Goldwaschanlage für Touristen. Selbst der finnische Staatspräsident rührte kräftig die Werbetrommel und brachte gekrönte Häupter zu den Goldgräbern. Zeitungen, Radio- und Fernsehanstalten berichteten vom Gold im Land der tausend Seen. Heute leben hier ebenso viele Goldsucher wie zur Zeit der Hochblüte.
Die Goldseifen liegen auf dem lappischen Granulitgebirge, einem Hunderte von Kilometern langen hufeisenförmigen geologischen Gürtel. Die alten Goldflüsse Sotajoki und Ivalojoki strömen durch tiefe Schluchten. Gold gibt es hier sowohl im Sand der Uferterrassen als auch auf dem Grund der Flußvertiefungen an rauschenden Stromschnellen. Das Lemmenjoki-Gebiet ist ein weites Fjällgelände; in den kleinen Seitenbächen kann Gold unter meterhohen Erdschichten im Grundgestein verborgen liegen. Manchmal verläuft eine Erzader knapp unter der Erdoberfläche.
Das finnische Gold kommt in Form von Nuggets und Flitterchen vor. Je nach Größe und Aussehen werden die Körner Winzling, Nisse, Laus, Wanze oder Größtling genannt. Der größte je in Lappland gefundene Goldklumpen hatte ein Gewicht von rund 395 Gramm und wurde am Lutto-Fluß gefunden. In den letzten Jahren sind einige Nuggets von rund 40 bis 80 Gramm gewaschen worden.
Die abwechslungsreiche Geschichte des lappländischen Goldes ist im Goldmuseum von Tankavaara im Distrikt von Sodankyl aufgezeichnet. Das Museum wurde vom Goldgräberverband Lapplands gegründet. In unmittelbarer Nähe liegen die Touristenwaschanlage und das Goldsucherdorf Tankavaara mit seinen Hütten und einer Cafeteria. Rund 30 Kilometer nördlich sind in Laanila alte Bergwerke und die Claims am Flußufer zu besichtigen. Die restaurierten Goldgräberhütten am Ivalojoki und Sotajoki sind nach einem zehn bis 20 Kilometer langen Fußmarsch zu erreichen. Vom Dorf Kuttura oder von Ivalo aus bestehen berdies Transportmöglichkeiten per Boot oder Flugzeug.
Das Goldgräbergebiet des Lemmenjoki liegt in einem Nationalpark. Der nächste bewohnte Ort ist das 30 Kilometer entfernte Dorf Njurgalathi bei Inari. Von dort aus bringen in den Sommermonaten zweimal täglich lange Flußboote die Touristen in die Nähe der Goldwäschereien. Bis zum Ziel mu man allerdings dann noch fünf bis zehn Kilometer weit marschieren.
Nach finnischem Gesetz dürfen Ausländer nicht nach Gold graben und können unter ihrem Namen auch keine eigenen Goldclaims abstecken. In Tankavaara und am Lemmenjoki gibt es aber spezielle Anlagen für Touristen, die von professionellen Goldwäschern unterhalten werden.